Kilometersteine - Vorbild und Modell
Bereits bei der Planung und dem Bau von Eisenbahnlinien gilt es, wie bei jedem technischen Vorhaben auch, eine exakte Vermaßung vorzunehmen und einzuhalten. Die sogenannte Streckenkilometrierung, meist beginnend mit Kilometer 0 beim Ausgangsbahnhof, dient allen Bahnmitarbeitern zur Orientierung an den Gleisanlagen. In der Vergangenheit wurde dies durch weiß gestrichene, mit eingemeißelten, schwarzen Ziffern versehenen Steintafeln entlang des Bahnkörpers umgesetzt. Diese robusten und wetterfesten Tafeln werden Kilometersteine genannt und sind/waren fortlaufend im Abstand von 100m aufgestellt.
Natürlich dürfen diese kleinen, aber wichtigen Details auf einer ordentlichen Modellbahnanlage nicht fehlen. Und somit stand die Aufgabe im Raume solche Steine für die Vereinsanlagen im H0-Maßstab 1:87 herzustellen. Als Grundlage dienten aus dem Vereinsfundus mehrere Kunststoffspritzlinge der DDR-Modellbahn-Zubehörindustrie mit jeweils 2x8 Kilometersteinen. In einem früheren Kurzversuch wurden die Spritzlinge "eilig weiß angepinselt", wodurch viele Farbnasen überstanden und kaum scharfe Konturen zu erkennen waren. Nun wurde das Vorhaben wiederbelebt und zu mir zur Heimarbeit in die Schweiz ausgelagert. Dort erfolgte als erstes die Herstellung einer Testserie von ca. 20 Steinen, um das korrekte Arbeitsvorgehen zu ermitteln. Danach begann die Serienproduktion mit folgendem Ablauf: Um die alte Farbe, sowie die werkseitig angegossenen Ziffern in falscher Schriftart abzufeilen, wurden die Steine von den Spritzlingen getrennt. Anschließend brachte die Feile die Steine in Form, der Sockel wurde von Hand mit einer Bohrung Ø1mm versehen und ein entsprechender Draht zur späteren Fixierung auf der Anlage eingeklebt. Mit Geduld, Pinsel und Revell-Farben erhielten die Steine einen neuen Anstrich. Als letzten Arbeitsgang galt es, die Ziffern aufzutragen. An eine Gravur oder Bemalung von Hand war nicht zu denken. Aber Wohl dem Modellbauer, der im Umfeld seines Arbeitsplatzes einen Gravur-Laser zur Verfügung hat. Bereits bei der Testserie wurden die notwendigen Parameter ermittelt und beim Einrichten zur Serienproduktion nochmals etwas verfeinert. Da das Grundmaterial weißer Kunststoff ist und dieser sich beim Belasern nur gelblich/milchig verfärbt und verformt musste eine andere Idee her. Die Lösung bestand darin, dass der Laser so schwach eingestellt ist, dass er nur die oberste, weiße Farbschicht verbrennt. Das Ergebnis ist eine durchaus überzeugende, gestochen scharfe, bleistiftgraue Gravur. Vorbildfotos dienten zum Orientieren der richtigen Ziffernpositionen auf den Steinen. Interessanterweise wird die "Null" bei der Angabe von vollen Kilometern weggelassen, während sonst die Kommastelle unter der Kilometerziffer steht. Eine Recherche ergab als korrekte Schriftart die DIN 1451 Mittelschrift. An einem Sonntagmittag wurden nun die fertig lackierten Steine an dem Gravur-Laser beschriftet. Herzlichen Dank an dieser Stelle für Stefan Fluri für die Erlaubnis und Robert Schnorr für das Programmieren und Einrichten des Lasers. Insgesamt wurden 156 Steine beidseitig graviert, wovon 3 Stück durch das Einrichten unbrauchbar wurden und noch ein Testmuster (nicht auf dem Bild zu sehen, falls jemand nachzählt) existiert. Es gibt die Serien "Beginn" von km 0 bis km 4.9, sowie "Nebenbahn" von km 17 bis km 21.9 und "Hauptbahn" von km 66 bis km 67.9. Die Serie "Oberhof" (von km 39.9 bis km 41.4, Vergleich Vorbildfotos) wurde 2x aufgelegt, falls mal ein Stein "verlustig" geht oder von einem Schlachtenbummler "geklaut" wird (hoffentlich nicht). 9 Steine wurden nicht graviert, um eventuell spätere Ergänzungen oder Sonderwünsche zu ermöglichen. Pro Stein schlagen 10 Minuten Arbeitsaufwand zu Buche, was mit Recherche- und Vorbereitungsaufwand zu insgesamt ca. 30 Arbeitsstunden führt. Mehrere Abende wurden somit am heimischen Schreibtisch und zwei private Wochenendeinsätze am Arbeitsplatz verbracht. Die Mühen dürften sich gelohnt haben.
Michael Walter
Mit freundlicher Unterstützung der jeweiligen Bildautoren:
K. Erbeck, Dieselkutscher und I. Weidig Bildunterschriften: William Weiske
Während Bauarbeiten im Jahr 2003 entstand dieses Bild am Südportal des Brandleitetunnels. Der Stein 39,9 ist der erste für unser Projekt „Bahnhof Oberhof“, leider ist dieser seit dem Umbau des Tunnels auf feste Fahrbahn verschwunden.
Am Rande des Oberhofer Bahnsteigs (Gleis 2) befindet sich der nächste Kilometerstein. Gut zu erkennen ist hier, dass nur der ganze Kilometer graviert wurde. Für eine längere Haltbarkeit ist die Oberseite des Steins schräg ausgebildet, um Wasser besser abzuleiten.
Am rechten Rand des Bildes befindet sich Kilometerstein 40,1. Der Abstand zum Gleis kann dabei gerade in Bereichen mit Personenverkehr variieren.
Ein weiterer Stein mit 40,2 auf Höhe des Wasserkrans. Diese Details sind für uns durchaus für den Nachbau des „Bahnhof Oberhof“ von Bedeutung, weshalb wir uns hier gerne bei den Bildautoren bedanken möchten.
Schraubstock, Klemme, Feile und Zahnbürste? Nichts seltenes bei Modellbauern!
Neben der Verwendung zur Zahnreinigung, lassen sich mit einer Zahnbürste auch sehr gut Staub und Späne von Modellen entfernen. Im Bild wird die Bearbeitungskette gezeigt.
Eine Lasergravierstation. Computergesteuert, hinter Laserschutztüren verrichtet ein Gravierlaser seine Arbeit. In sekundenschnelle entstehen die kleinen Zahlen auf den Flächen der Kilometersteine.
Die Benutzeroberfläche der Lasermaschine. Die Umrisse der Zahlen definieren den zu belasernden Bereich. Der Text wird dabei mit Maschinenbefehlen im rechten unteren Feld eingegebenen.
Der Laserstrahl selbst ist Unsichtbar, nur an der Stelle an der er auftrifft entstehen Lichtemissionen beim „beschädigen“ der Bauteiloberfläche. Der Vorgang dauert nur ein paar Sekunden, um die Zahlen entstehen zu lassen.
Nach dem Beschriften wird der Stein auf die Rückseite gedreht und erneut beschriftet, danach wird der Schriftsatz für den nächsten geändert und der Vorgang beginnt von neuem. Zur Fixierung der Teile kommt ein Maschinenschraubstock zum Einsatz.
Da liegen sie, aufgereiht in Sortierschachteln, bereit für die „Installation“ auf unserer Vereinsanlage.
Kilometerstein 20,0 an der Nebenbahnstrecke, kurz vor den großen Brücken am Stausee. Auf der Hauptbahn fährt der Rennsteig-Express vorbei.
Auf der anderen Seite der Brücken treffen drei Strecken aufeinander. Im Vordergrund Beginnt die Strecke nach „Westend“ am Kilometer 0,0, dahinter folgt die Nebenbahnstrecke mit 20,1 und bis hinten die Hauptbahn mit 67,7.
Am Gleis 2 des Bahnhofs „Wendelstein“ finden gerade Bauarbeiten statt. Vollkommen uninteressiert vom Treiben der Bauarbeiter steht Kilometerstein 67,5 mitten auf dem Bahnsteig und geht seinen Aufgaben nach.
Ein aus „Westend“ ausfahrender Zug hat gerade den Kilometerstein 1,5 passiert. In kürze wird er den Bahnhof „Wendelstein“ erreichen, um auf die Nebenbahnstrecke zu wechseln.
Veröffentlicht am 09.03.2019
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