FRÜHJAHRSEXKURSION 17.05.2014
"MIT VOLLDAMPF DURCH DEN HARZ"
Autor: Manfred Schultz
(Der Beitrag wurde für die Webansicht angepasst.)
Das Frühjahr ist für unseren Verein immer eine gute Gelegenheit für eine Exkursion. Und so sollten als Ziele der diesjährigen "Frühlingsausfahrt" die Schmalspurbahnen im Harz sowie die mittelalterliche Stadt Quedlinburg im Mittelpunkt stehen.
Wie es sich für einen Eisenbahnverein "gehört" wurden diese Ziele per Bahn angesteuert. Und so trafen sich am 17.05.2014 um 06:00 Uhr am Bahnhof Suhl 8 Mitglieder, um die gemeinsame Reise anzutreten. Unter Nutzung zweier Thüringen-Tickets ging es dann um 06:37 Uhr mit einem Regionalexpreß nach Erfurt. Von dort dann mit einem von einer Lok der BR 182 gezogenen Doppelstockzug nach Halle (Saale). Auf dem Weg dorthin kam uns die Dampflok 03 1010 mit einem Sonderzug entgegen, was besonders bei den jüngeren Teilnehmern für Aufregung sorgte. Von der Ostseite des Hallenser Hauptbahnhofes ging die Fahrt weiter mit einem Neigetechnik-Triebwagen nach Halberstadt, wo dann mit 2 weiteren Teilnehmern unser "Expeditionskorps" vervollständigt wurde. 11:08 Uhr schließlich fuhr vom Bahnsteig 4b des Halberstädter Bahnhofs der Triebwagen der Privatbahn HEX nach Thale ab, den wir bis Quedlinburg benutzten.
Vom Bahnhof aus galt es dann eine kleine Wanderung durch die Stadt zu unternehmen. Ziel war die Gaststätte "Kartoffelhaus Nr. 1", wo es ein gutes und preiswertes Mittagessen gab.
Nach dem Essen ging es zurück zum Bahnhof, wo uns der Schmalspurzug erwartete.
Er war bespannt mit einer im Jahr 1939 durch Krupp gebauten, dreifach gekuppelten Lok, die der Prototyp einer ganzen Serie von Schmalspurlokomotiven werden sollte. Durch den Beginn des 2. Weltkrieges kam es aber nicht dazu. So blieb sie ein Einzelgänger, der seit seiner Ablieferung ununterbrochen auf den Schmalspurbahnen im östlichen Harz im Einsatz steht.
Nach der Abfahrt in Quedlinburg ging es die ersten 10 km über die Trasse der ehemaligen Normalspurstrecke Quedlinburg - Gernrode. Auf diesem Teil der ehemals bis Frose führenden Strecke fahren seit Juni 2006 Schmalspurzüge. Kurz vor dem Bahnhof Gernrode schwenkte die Strecke nach rechts und unser Zug kam vor dem Empfangsgebäude der ehemaligen Gernrode - Harzgeroder - Eisenbahn zum Stehen. Sie ist die älteste der ehemals im Harz existierenden 3 Schmalspurbahnen. Erbaut ab 1888 in mehreren Abschnitten, wurde das gesamte Netz als Reparationsleistung 1945 demontiert. Da es aber ohne Bahn nicht ging, erfolgte 1949 der teilweise Wiederaufbau.
Laut Fahrplan sollte unser Zug bis Eisfelder Talmühle durchfahren, aber daraus wurde nichts. So hieß es Umsteigen. Weiter ging es mit einer vor sechzig Jahren gebauten Lok.
Anfang der fünfziger Jahre war der Lokpark auf einigen 1000mm-Schmalspurbahnen veraltet und hoffnungslos überlastet. So erfolgte ab 1954 der Neubau von 17 fünffach gekuppelten, leistungsstarken Loks, von den 4 bis 1973 auch auf der Thüringer Strecke Eisfeld - Schönbrunn zum Einsatz kamen.
Mit einer Lok aus dieser Bauserie verließen wir Gernrode, wobei Gelegenheit für ein letztes Foto von der zurückbleibenden 99 6001 bleibt.
Von Quedlinburg nach Gernrode ging es nur leicht bergauf, doch jetzt stand vor unserer Lok eine echte Herausforderung. Galt es doch, den Ramberg zu erklimmen und dabei 209m Höhenunterschied auf nur 7km Streckenlänge zu überwinden.
Hinter der Station Sternhaus-Ramberg begann der Abstieg ins Selketal und nach ca. 75-minütiger Fahrt erreichten wir Alexisbad. Auf diesem Bahnhof ist heute leider bei weitem nicht mehr so viel Betrieb wie noch im Jahr 1978, als das nachfolgende Foto entstand.
Heute ist meist nur noch jeweils ein Zug in diesem Bahnhof zu Gast. Und so war es auch während unseres ca. 30-minütigen Aufenthaltes.
In Alexisbad zweigt die auf die Harzhochfläche führende Strecke nach Harzgerode ab. Wir aber blieben auf unserer Weiterfahrt im Tal der Selke, welche der Strecke den Namen gab. Ein Mix aus älteren und Anfang der neunziger Jahre neu gebauten Triebwagen trägt heute die Hauptlast des Verkehrs, Dampfzüge verkehren vor allem für die Touristen. Mit einem der Neubautriebwagen kam es in Straßberg zu einer Zugkreuzung.
Interessant ist die Lösung der Harzer Schmalspurbahnen für den Transport von Fahrrädern. Wie oben zu sehen, hat man einige alte Güterwagen zu diesem Zweck umgerüstet.
Hinter Stiege geht es weiter bergauf. Trotzdem konnte die Lok auf der hier fast schnurgeraden Strecke ihre Höchstgeschwindigkeit ausfahren.
Bei Albrechtshaus wurde der höchste Punkt erreicht und talwärts durch Wiesen erreichten wir den Bahnhof Stiege. Eigentlich hätten wir hier den Zug verlassen müssen und warten, bis er vom Endbahnhof Hasselfelde zurückkommt. Doch nach einem Gespräch mit dem Zugpersonal durften wir bis zu diesem Bahnhof mitfahren.
Da der Zug von hier bis Stiege die gleiche Strecke zurückfuhr, musste die Lok ans andere Zugende umsetzen. Von einigen der Exkursionsmitglieder wurde dabei intensiv fotografiert. Die jüngsten aus der Gruppe aber waren sehr überrascht, als sie von der Zugführerin gefragt wurden, ob sie das Umstecken der Zugschlusssignale übernehmen möchten.
Andere schauten sich auf dem Bahnhof um und entdeckten in der Nähe des Lokschuppens diesen Schneepflug, welcher auf seine Einsätze im nächsten Winter wartete:
Von Stiege ging es in Richtung Eisfelder Talmühle bis Birkenmoor noch einmal 3 km bergauf. Den Umstand, dass unsere Lok jetzt Tender voran fuhr und die Esse sich direkt vor der Bühne des 1. Wagens befand, nutzten einige, um die Lokgeräusche zu "genießen".
Ab Birkenmoor ging es bergab. Die Einfahrt in Eisfelder Talmühle, wo das Streckennetz der GHE endet, erfolgte parallel zur sich von rechts nähernden Strecke der Harzquerbahn aus Wernigerode. Für uns war die Fahrt mit dem Zug, den wir ab Gernrode benutzt hatten, hier zu Ende. Da dieser wieder nach Gernrode zurückfuhr, setzte die Lok erneut um. Bereits wenige Minuten später stand sie wieder abfahrbereit vor ihrem Zug.
Die Harzquerbahn, auf deren Streckennetz wir nun bis Nordhausen fahren sollten, ist die größte und bekannteste Schmalspurbahn des Harzes. Gegründet als Nordhausen - Wernigerode-Eisenbahn (NWE) ging die erste Teilstrecke am 12. Juli 1897 in Betrieb. Ab dem 27.03.1899 schließlich fuhren durchgehende Züge zwischen den südlich bzw. nördlich des Harzes liegenden Städten. Die bekannteste Strecke der Harzer Schmalspurbahnen ist die in Drei-Annen-Hohne abzweigende Stichbahn zum Brocken. Diese 19 km lange Strecke führt über Schierke auf den höchsten Berg Norddeutschlands und endet nur 16 Höhenmeter unter seinem Gipfel. Auch die Strecke zum Brocken ging am 27.03.1899 in Betrieb. Am 01.04.1949 wurde die bis dahin private Bahngesellschaft in die Deutsche Reichsbahn eingegliedert, was aber auf die Betriebsführung kaum Einfluss hatte. Einschnitte gab es erst mit den Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR im August 1961. Der rege Ausflugsverkehr zum Brocken wurde 1961 jäh unterbrochen. Reisezüge verkehrten nur noch bis Schierke. Von hier bis zum Gipfel gab es lediglich Güterverkehr zur Versorgung der dort stationierten sowjetischen Truppen. Doch auch damit war 1987 Schluss. Nach der Wende gab es starke Bestrebungen, den Reiseverkehr zum Brocken wieder aufzunehmen. Doch dazu mussten die heruntergewirtschafteten Bahnanlagen erst einmal erneuert werden. Bereits am 15.09.1991 wurde unter reger Teilnahme der Bevölkerung der Verkehr zum Brocken wieder aufgenommen. Heute ist diese Strecke diejenige mit den meisten Fahrgästen im gesamten Harzer Schmalspurnetz.
Nach diesem Exkurs in die Geschichte zurück zu unserer Exkursion und dem Bahnhof Eisfelder Talmühle. Wir warteten hier auf den einzigen Dampfzug, der täglich zwischen Nordhausen und dem Brocken verkehrt. Dieser war mit 99 7245 bespannt und fuhr nach wenigen Minuten in den Bahnhof ein.
Bis Nordhausen ging es immer bergab, ab Netzkater im Tal der ZORGE. Kurz vor Niedersachswerfen passierten wir den "Kohnstein", einen Felsen der durch den Gipsabbau, aber vielmehr noch durch die hier im 2. Weltkrieg gebauten Raketen (Hitlers "Wunderwaffe") bekannt wurde.
Einige der jüngeren Exkursionsteilnehmer staunten nicht schlecht als uns im Bahnhof Ilfeld eine Straßenbahn auf den Harzquerbahngleisen begegnete. Und das auch noch ohne Oberleitung. 2004 wurden durch die Stadt Nordhausen sogenannte "Duo-Straßenbahntriebwagen" beschafft. Diese können sowohl unter Gleisen mit Oberleitung als auch solchen ohne (dann natürlich mit Dieselmotor) eingesetzt werden. Nach dem Bau eines Verbindungsgleises war es möglich, Straßenbahnzüge aus Nordhausen bis nach Ilfeld durchfahren zu lassen. So ist dies die längste Nordhäuser Straßenbahnlinie. Das sogenannte "Nordhäuser Modell" gibt es seit nunmehr 10 Jahren. Und es hat sich bestens bewährt. Unsere Fahrt mit dem Dampfzug endete im Bahnhof Nordhausen Nord. Über den Bahnhofsvorplatz gelangten wir zum rechts gelegenen DB-Bahnhof. Von diesem fuhr ca. 30 Minuten später ein Regionalexpreß, bestehend über Sondershausen und Greußen nach Erfurt ab. Der dortige, ca. einstündige Aufenthalt bot Gelegenheit, sich nochmal etwas zu Essen zu besorgen. Die letzte Reiseetappe legten wir dann mit einem Regio-Shuttle der Süd-Thüringen-Bahn zurück. Mit der Ankunft in Suhl kurz vor 22:00 Uhr ging ein erlebnisreicher Tag zu Ende. Manfred Schultz Bildautoren: Simone Schultz (1) Marian Heinlein (5) Uwe Schultz (3) Frank Lindner (2) Manfred Schultz (4)
Veröffentlicht am 08.08.2014
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