Die Strecke Nossen - Meißen:
Hat sie eine Zukunft?
Autoren: Manfred Schultz & Thomas Sauerbrey
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Am 01. Dezember 1860 eröffnete die Leipzig-Dresdner-Eisenbahn-Compagnie vom an ihrer Stammstrecke liegenden Bahnhof Coswig eine Zweiglinie nach Meißen.
Sie war für die Eisenbahngesellschaft Anlass, am 07. Juli 1864 den Antrag zum Bau einer zweiten Eisenbahnverbindung von Dresden nach Leipzig, welche über Döbeln führen und in Borsdorf in die bestehende Strecke einmünden sollte. Vorgesehen war, bei der Trassierung soweit wie möglich dem Tal der Freiberg Mulde zu folgen. Baubeginn war am 04. August 1865 nahe Borsdorf. Bereits am 14. Mai 1866 erfolgte die Eröffnung des Abschnitts Borsdorf – Grimma. Weitere Teile folgten und nach Eröffnung des Abschnitts Nossen – Meißen am 22. Dezember 1868 war schließlich die Gesamtstrecke in Betrieb. Mit der Enteignung der Leipzig-Dresdner-Eisenbahn-Compagnie ging auch die Strecke Borsdorf – Coswig in den Besitz des sächsischen Staates über. Dieser Beitrag ist aber dem Abschnitt Nossen – Meißen gewidmet, der bis 1909 ein zweites Gleis erhielt. Da auch die am 01.10.1909 eröffnete Schmalspurbahn Wilsdruff – Meißen-Triebischtal zwischen Garsebach und Meißen-Triebischtal parallel zur Normalspurstrecke verlief, verfügte dieser Abschnitt sogar über 3 Gleise. Eines der größten Neubauvorhaben war in den Jahren 1925/26 die Errichtung der zweigleisigen Stahlfachwerkbrücke über die Elbe zwischen Meißen-Triebischtal und Meißen. Diese Brücke wurde am Ende des 2. Weltkrieges gesprengt, aber bald wieder aufgebaut, aber nur mit einem Gleis. Dieser Zustand blieb bis 2013 erhalten. Als Reparationsleistung zurückgebaut wurde auch das 2. Streckengleis. Da auch auf der über Riesa führenden Strecke Leipzig – Dresden das 2. Gleis als Reparation abgebaut wurde, führte man auf den beiden Strecken für den Güterverkehr eine Art Ringverkehr ein. Von Leipzig nach Dresden ging es über Döbeln, in der Gegenrichtung über Riesa. Dieser Ringverkehr endete 1971, nachdem die Strecke über Riesa wieder zweigleisig ausgebaut und außerdem elektrifiziert wurde. 1970 wurde der Abschnitt Meißen-Triebischtal – Meißen elektrifiziert und im September 1973 in das Dresdner S-Bahn-Netz eingebunden. Das bedeutete gleichzeitig das Ende des durchgehenden Reiseverkehrs auf dieser Strecke. Wer von Leipzig über Döbeln nach Dresden wollte, musste nun in Meißen umsteigen. An diesem Zustand änderte sich bis zur politischen Wende im Osten Deutschlands nichts. Danach schien es, als würde die Strecke wieder aufgewertet, denn erstmals seit Jahrzehnten verkehrten wieder durchgehende Eilzüge von Leipzig nach Dresden und umgekehrt. Doch es war nur ein Strohfeuer. Mit der im Jahr 2000 erfolgten Regionalisierung des Nahverkehrs und der Gründung des Verkehrsverbundes Oberelbe sowie des Zweckverbandes für den Nahverkehr im Raum Leipzig wurde dieses Konzept aufgegeben, sodass die zuletzt von Leipzig bis Zittau durchgebundenen Eilzüge ab 09. Juni 2001 entfielen. Heute beschränkt sich das Angebot zwischen Nossen und Meißen auf den Zweistundentakt der zwischen Leipzig und Meißen verkehrenden Regionalzüge. Im Güterverkehr erinnert nichts mehr an den noch in den 80er-Jahren sehr regen Güterverkehr. Auch der noch nach 2000 existierende Zementzug nach Deutschenbora verkehrt inzwischen nicht mehr. Ab 2010 gab es Überlegungen des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO), den Reise-verkehr zwischen Nossen und Meißen-Triebischtal zu beenden. Noch im gleichen Jahr sammelte eine Bürgerinitiative 14000 Unterschriften gegen diese Pläne. Am 28. Juni 2013 gab die DB Netz AG ihre Absicht bekannt, die Strecke von Döbeln über Nossen nach Meißen-Triebischtal an Interessenten abzugeben. Nur 5 Monate später, gab der VVO bekannt, den Reiseverkehr zwischen Nossen und Meißen-Triebischtal ab Dez. 2015 einzustellen. Begründet wurde dies mit ungenügenden Reisendenzahlen (durchschnittlich nur 13 je Zug). Ob dabei der Fakt, dass wegen dem S-Bahn Ausbau fast ein Jahr von Meißen-Triebischtal nach Meißen gar kein Zug fuhr, berücksichtigt wurde, ist nicht bekannt. Bekannt ist aber, dass Schienenersatz-verkehr und mehrmaliges Umsteigen sich auf jede Reisendenzahl negativ auswirkt. Ob es tatsächlich zur Einstellung des Reiseverkehrs kommt, ist noch nicht endgültig entschieden. Noch regt sich Widerstand in der Bevölkerung. Eine Bürgerinitiative ermittelte zum Beispiel, dass die Reisendenzahl nach Einstellung der durchgehenden Züge Leipzig Dresden von täglich 1000 auf 400 zurückging. Für die von der DBAG zur Abgabe vorgesehene Strecke gibt es inzwischen 3 Bewerber.
Streckenbeschreibung
Zunächst einige Zeilen zum Bw Nossen. Die bestehende Lokstation wurde erst am 01.07.1923 als eigene Dienststelle (Bw) gegründet. In den 70ger Jahren wurde Nossen zur Pilgerstätte von Dampflokfans aus ganz Europa. Waren doch hier die letzten Loks der BR 35.10., 38 (sächs. Rollwagen) 50 und 50.35 beheimatet. Mit dem Rückgang vor allem des Güterverkehrs in den neunziger Jahren, wurde das Bw schließlich am 01.10.1994 von der DB aufgelassen. Das Gelände wurde aber vom Verein „IG Dampflok Nossen“ übernommen. Und noch heute sind hier einige betriebsfähige Dampfloks beheimatet.
Beginnen wir im Bahnhof Nossen. Am 20.10.1979 brachte die Nossener „Starlok“ 50 1002 einen Güterzug aus Dresden nach Nossen während 50 3529 sich auf der Drehscheibe des Bw für den nächsten Einsatz bereit macht.
Nossen verlassen wir in östlicher Richtung. Parallel zur Strecke nach Meißen verlief bis 1972 die Schmalspurstrecke über Wilsdruff nach Freital-Potschappel. Gemeinsam überquerten beide Strecken unmittelbar hinter der Bahnhofsausfahrt die Freiberger Mulde. Diese wird im letzten Abendlich des 16.11.2014 von der RB 26379 (Leipzig – Meißen) befahren.
Die Schmalspurstrecke bog hinter der Brücke nach rechts ab, Unsere Strecke quert die B 101, um mit einem leichten Linksbogen in Richtung Deutschenbora abzuschwenken. Bis zu diesem Bahnhof, 2,5 km ständig bergauf.
Für den Triebwagen der Baureihe 642 ist diese Rampe kein Problem. Er fährt am 16.11.2014 aus dem Bahnhof Deutschenbora aus und wird nun der Triebisch folgend seinen Weg ins Elbtal fortsetzen.
Zwischen Deutschenbora und Meißen geht es mit erheblichem Gefälle stets bergab. Bei der Bergfahrt ergab das für Güterzüge auf den 9 km zwischen den Bahnhöfen Miltitz-Roitzschen und Deutschenbora sehr lange Fahrzeiten, was bei km 80,86 zur Errichtung der Blockstelle Rothschönberg führte. Diese wird am 27.04.1984 vom Güterzug Dresden – Nossen passiert.
Nächster Bahnhof in Richtung Meißen ist Miltitz-Roitzschen. Mit P 4733 (Leipzig - Meißen) den sie in Nossen übernommen hat, fährt 50 3536 am 06.07.1986 aus Miltitz-Roitzschen aus.
Am rechten Bildrand zu erkennen ist eine mechanische Schrankenanlage. Da Miltitz-Roitzschen auch heute noch mit einem örtlichen Fahrdienstleiter besetzt ist, existiert diese heute noch, wie dieses Foto vom 16.11.2014 zeigt.
Unterhalb des Bahnhofs Miltitz-Roitzschen befindet sich ein weiterer, allerdings mit Halbschranken gesicherter Bahnübergang. Er war zur Zeit der Dampfzüge ein beliebter Standort der Eisenbahnfotografen.
Das Bw Nossen war auch Heimatdienstelle für sächsische Schmalspurloks. Als Nossen selbst seinen Schmalspuranschluß 1972 verloren hatte, wurden diese für Reparaturarbeiten ins Heimat-Bw überführt. Dazu wurden Spezialtransportwagen ge-nutzt, von denen einer an dritter Stelle in diesen Güterzug eingestellt ist.
Der talwärts folgende Ort Garsebach hatte keinen Bahnhof an der Strecke Nossen - Meißen. Dafür aber an der von Schmalspurbahn Meißen-Triebischtal – Wilsdruff – Nossen. In Garsebach bog sogar noch eine Zweiglinie nach Lommatzsch ab. Der Schmalspurbahnhof Garsebach lag rechts von der Hauptstrecke Borsdorf – Nossen – Meißen am Talhang. Um dorthin zu gelangen, musste die Schmalspurstrecke aus Lommatzsch mit Hilfe eines Viaduktes mit stählernen Überbauten das Tal der Triebisch überwinden. Die Pfeiler dieser Brücke stehen auch heute, fast 50 Jahre nach der 1966 erfolgten Streckenstilllegung noch. Die beiden nachfolgenden Bilder zeigen das.
Zunächst aus Richtung Meißen ein Blick auf die Brückenpfeiler der hier die Strecke nach Nossen kreuzenden Schmalspurstecke. Gut zu erkennen das Planum für das 2. Gleis der normalspurigen Hauptbahn
Dieses Foto ist vom linken Talhang aufgenommen, Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich der Bahnhof Garsebach.
Als nächster Bahnhof in Richtung Dresden folgt Meißen-Triebischtal. Wegen des starken Anstiegs aus dem Elbtal befand sich auch zwischen diesem und Miltitz-Roitzschen eine Blockstelle, die den poetischen Namen „Götterfelsen“ trug.
Am 14.09.1982 war 50 3536 „bergwärts“ unterwegs. Heute sind die Signale abgebaut und auch das Blockstellengebäude wurde abgebrochen.
Und das so gründlich, dass wir bei unserer am 16.11.2014 erfolgten Streckenwanderung nichts mehr fanden, was daran erinnerte.
Bereits vor dieser Blockstelle kam von rechts die Schmalspurstrecke aus Garsebach heran. Bis Meißen-Triebischtal lief sie direkt neben der Strecke Nossen – Meißen, sodass an dieser Stelle bis 1966 sogar drei Gleise lagen.
Ein Relikt der Dreigleisigkeit ist noch heute die Triebischbrücke im km 91,19. Hier liegt noch der Überbau der Schmalspurbahn samt Schwellen.
Vom Bf Meißen-Triebischtal, den die RB nach Leipzig gerade verlässt, blieben nach dem Umbau 2013 nur ein Durchgangs- und ein Stumpfgleis. Auch vom Endpunkt der Schmalspurstrecke und der dort anschließenden, städtischen und straßenbahnähnlich mit Dampf betriebene Bahn zu Betrieben in Meißen, deren Anlagen sich links vom Zug befanden ist heute nichts mehr zu sehen.
In Meißen ist Endstation für die Züge aus Leipzig. Die Oberleitung weist auf die S-Bahn-Strecke nach Coswig und Dresden hin.
Damit ist der Endpunkt der Strecke erreicht. Hoffen wir, dass es auch nach dem nächsten Fahrplanwechsel solche Zugkreuzungen in Nossen gibt.
Es wäre wirklich schade, wenn sich die Bahnanlagen in Nossen ab Dezember weitestgehend leer und trostlos wie auf diesem Bild zeigen würden.
Die hier gezeigten aktuellen Bilder wurden im Rahmen eines „Streckenspaziergangs“ am 16.11.2014 aufgenommen. Wie „grausig“ das Wetter dabei teilweise war, ist auf dem nachfolgenden Bild nur zu erahnen.
Veröffentlicht am 14.02.2015
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